Neben Intelligenztests bieten auch Integritätstests einen Vorhersagewert bezüglich der Arbeitsleistung (Bloemers & van der Molen, 2004).
Integre Personen handeln gemäß ihren Ansichten und Versprechen. Der Fragebogen Moralische Werte kann in relativ kurzer Zeit (15-20 Minuten) einen Eindruck davon vermitteln, ob sich jemand moralisch verhalten würde. Dies sagt etwas über die Integrität einer Person aus. Moralische Werte vermitteln einen Eindruck von der Anzahl der Maßstäbe, die sich auf das moralische Verhalten auswirken, als da sind: Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Konformität, Unmaterialistisch.
Bei der Entwicklung dieses Fragebogens wurde auf den Faktor „Integrität“ (Honesty-Humility) des HEXACO-Persönlichkeitsfragebogens zurückgegriffen, da dieser einen guten Vorhersagewert für die Arbeitsleistung bietet (Van der Heijden, 2009). Hierbei bildeten die unterliegenden Begriffe (Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Konformität, Unmaterialistisch) den Ausgangspunkt. Den Fragebogen Moralische Werte hat es bereits in vielen Versionen gegeben. Es wurde untersucht, welche Fragen am besten funktionierten. Hierbei wurden Fragen angepasst oder entfernt. Außerdem wurde die Struktur des Fragebogens anhand von Faktoranalysen verbessert. Der aktuelle Fragebogen Moralische Werte besteht aus 56 Fragen. Bei jeder Frage geben die Kandidaten an, inwieweit die Aussage auf sie zutrifft. Siehe hierfür auch Abbildung 1.
Abbildung 1 Beispiel für eine Frage im Fragebogen Moralische Werte
Die Zuverlässigkeit eines Fragebogens gibt einen Hinweis darauf, wie präzise das Instrument ist. Der Begriff bezieht sich auf die Reproduzierbarkeit der gemessenen Ergebnisse. Die Verlässlichkeit des (allgemeinen) Faktorenwerts wird mit der Formel fürs stratifizierte Alpha berechnet (siehe Nunnally, 1978, S. 248). Diese Verlässlichkeit wurde mit .94 bewertet, also sehr hoch. Die Generalisierbarkeit wird mit der Formel fürs Alpha berechnet, wobei allerdings nicht die Items als Einheit genommen werden, sondern die Maßstabswerte (siehe Snijders, Tellegen & Laros, 1988). Die Generalisierbarkeit gibt die erwartete Korrelation zu einem Faktorenwert an, der auf einer anderen, noch größeren Stichprobe von Maßstabswerten aus derselben Domäne des betreffenden Faktors beruht. Die Generalisierbarkeit wurde mit .79 bewertet und war damit auch ausreichend.
In Tabelle 1 wird die jeweilige Verlässlichkeit der vier Maßstäbe angegeben. Diese sind nach den COTAN-Richtlinien (2009) als ausreichend bis gut zu bezeichnen. Dies bedeutet, dass der Fragebogen zu Auswahlzwecken verwendet werden kann, was die Verlässlichkeit anbetrifft.
Die Validität eines Tests gibt einen Hinweis darauf, inwieweit das Instrument tatsächlich das Konstrukt misst, welches der Test zu messen vorgibt. Im Falle des Fragebogens Moralische Werte heißt das: Misst der Fragebogen tatsächlich die moralischen Werte einer Person. Um die Validität des Fragebogens Moralische Werte feststellen zu können, wird zuerst der Test selbst betrachtet, seine interne Validität. Eine andere Art, um die Validität eines Tests zu bestimmen, ist der Vergleich mit anderen Tests, die das Kriterium bilden. Hierfür wurde eine Untersuchung durchgeführt, mit der die externe Validität des Fragebogens Moralische Werte geprüft wurde.
Um die interne Struktur des Fragebogens zu untersuchen wurden diverse (Faktor-)Analysen durchgeführt, welche die interne Validität des Fragebogens beweisen. Die Struktur des Fragebogens stimmt mit der Struktur von moralischen Werten aus der Literatur überein, mit einem allgemeinen (Haupt-)Faktor sowie einigen darunter angesiedelten Maßstäben, die für eine weitere Differenzierung sorgen. Für die Einzelheiten dieser Analyse verweisen wir Sie auf den Anhang zum Leitfaden Moralische Werte.
Um eine Aussage über die externe Validität treffen zu können wurde eine Untersuchung anhand des Arbeitsbezogener Persönlichkeitsfragebogen (APF) durchgeführt. Die Relation zwischen den beiden Tests wird in Tabelle 2 dargestellt.
Zwischen den Maßstäben des Fragebogens Moralische Werte und denen des APF bestehen Korrelationen, die sich erklären lassen. Es ist zum Beispiel eine signifikante negative Beziehung zwischen dem Maßstab Bescheidenheit und den Maßstäben zu erkennen, die etwas darüber aussagen, inwieweit jemand dazu neigt, Einfluss auszuüben, wobei bescheidene Menschen einen niedrigeren Wert bei den Einflussmaßstäben erreichen. Außerdem lässt sich erkennen, dass der Maßstab Konformität eine positive Beziehung zu den Maßstäben hat, die sich darauf beziehen, wieweit jemand dazu neigt, für Struktur zu sorgen. Menschen, die sich stärker an Regeln halten und präzise arbeiten, haben auch eine größere Konformität. Obendrein lässt sich erkennen, dass Menschen, die beim Unmaterialistisch hohe Werte erreichen, bei den Maßstäben niedrigere Werte erzielen, bei denen es darum geht, gewinnen zu wollen (Wetteifer) und Wert aufs Ansehen zu legen (Status). Schließlich zeigt sich noch, dass Menschen, die bei Ehrlichkeit höhere Werte erzielen, gleichzeitig auch beim Faktor Soziabilität hohe Werte erreichen. Menschen, die aufrechter sind, sind auch herzlicher, fürsorglicher und sozial fähiger. Für eine ausführlichere Erläuterung verweisen wir Sie auf den Leitfaden Moralische Werte.
Aus den beschriebenen Ergebnissen bezüglich des Zusammenhangs der Maßstäbe des APF und des Fragebogens Moralische Werte lässt sich ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Maßstäben erkennen. Diese Ergebnisse tragen zur externen Validität des Fragebogens bei.
Der Dilemma-Fragebogen erfasst eine Auswahlnormgruppe (N = 159), die gewichtet wurde, sodass sie für die erwerbstätige Bevölkerung der Niederlande repräsentativ ist (Daten CBS 2018). Diese Normgruppe hat den Test also in einer Auswahlsituation abgelegt. Für eine vollständige Beschreibung der Normgruppe verweisen wir Sie auf den Anhang zum Leitfaden Moralische Werte.
Der Fragebogen kann dann eingesetzt werden, wenn es darauf ankommt, mehr über die moralischen Werte einer Person zu erfahren. Der Fragebogen kann von jedem ausgefüllt werden, der oder die in den Niederlanden erwerbstätig ist. Bei Auswahlsituationen gibt dieser Fragebogen einen Hinweis darauf, wie integer sich der Bewerber verhalten wird, und der Rapport kann als Leitfaden für ein individuelles Gespräch dienen.
Bloemers, W., & Molen, H. van der (2004). Het (genegeerde) belang van intelligentie voor arbeidsprestaties. Opleiding & Ontwikkeling, mei 2004, 3-9.
Nunnally J. C. (1978). Psychometric Theory. USA: McGraw-Hill, inc.
Snijders, J. Th., Tellegen, P. J., & Laros, J. A. (1988). S.O.N.-R 5½-17 Verantwoording en Handleiding. Groningen: Wolters-Noordhoff BV.