Worüber sprechen wir, wenn wir über Kompetenzen reden? Es gibt viele Konzepte über Kompetenzen. Wir werden die Konzepte in diesem Abschnitt verdeutlichen.
Kompetenzen sind Cluster effektiver Verhaltensweisen, wobei eine Frage oder ein Verhaltensindikator eine konkrete Beschreibung des effektiven Verhaltens ist. Zum Beispiel: ‘Überzeugungskraft’ ist die Bezeichnung der Kompetenz und “verwendet Argumente, für die die andere Person empfänglich ist” ist einer der assoziierten Verhaltensindikatoren. Die Verhaltensindikatoren müssen spezifisch und anschaulich sein, damit die betreffende Person von einem Vorgesetzten oder Kollegen bewertet werden kann. Zusammengenommen geben uns die Kompetenz, die Definition und die Verhaltensbeschreibungen das erwünschte und effektive Verhalten. Das Ganze wird als Kompetenzrahmen bezeichnet.
Beschäftigen wir uns näher damit, was Kompetenz ist und was ihr zugrunde liegt. Viele Definitionen von ‘Kompetenz’ werden auch hier verwendet. Manche behaupten sogar, dass es ein überflüssiger Begriff ist. Ich persönlich denke, die folgende Definition ist kompakt und passend:
“Eine Kompetenz ist die Fähigkeit eines Individuums, die Anforderung einer beruflichen Position zu erfüllen, wobei der Angestellte sein/ihr Wissen, Einstellungen und Fähigkeiten so nutzt, dass es zu erfolgreichem Verhalten in fordernden oder kritischen Situationen, in denen der Angestellte etwas bewirken kann, führt.”
Es ist vielleicht ein etwas merkwürdiger Satz, aber das verbindet ihn mit dem Konzept Kompetenz selbst. Es ist etwas, das jemand tun kann (Fähigkeit) und etwas, das von einem Mitarbeiter in seiner Funktion erwartet wird, nämlich dass einige dieser fordernden und kritischen Situationen erfolgreich abgeschlossen werden können (Erfolg). Darüber hinaus wird alles genutzt, was er oder sie zur Verfügung hat, d. h. das eigene Wissen und die Erfahrung, aber seine/ihre Einstellungen spielen auch eine Rolle. Darin enthalten sind weitere selbstverständliche Dinge, wie Persönlichkeit, Wissen und Werte. Da ein Bild mehr sagt als tausend Worte, verschafft uns das Eisberg-Modell einen guten Überblick.
Das Eisberg-Modell zeigt die verschiedenen Komponenten, auf denen eine Kompetenz beruht. Wir haben eine Komponente hinzugefügt: Kontext.
Im Modell sehen wir, dass ‘Kompetenzen’ knapp unter der Oberfläche positioniert ist. Dies ist die Fähigkeit, effektives Verhalten zu zeigen und dieses Verhalten ist genau dann auch gut sichtbar. Das Verhalten tritt im Kontext einer Organisation in interner oder externer Umgebung auf. Wir wissen, dass in der internen Umgebung Kultur und Management eine wichtige Rolle dabei spielen, welches Verhalten Mitarbeiter tatsächlich aufweisen. Wie bereits erläutert kann ein Manager die Art und Weise beeinflussen, wie ein Mitarbeiter sein Talent entwickelt und ob sein/ihr Talent wirklich zur Entfaltung kommt.
Kultur spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle. Eine sogenannte ‘Dienst-nach-Vorschrift-Kultur’ hat negative Auswirkungen auf das effektive Verhalten von Mitarbeitern. In einer motivierenden und engagierten Kultur wird jeder sein Bestes geben. Die Beziehungen zwischen ‘Verhalten’ und ‘Resultat’ hängen von der Umgebung ab. In einer Arbeitsvermittlung z. B. ist es wichtig, welches Verhalten in einem bestimmten konjunkturellen Zeitraum effektiv ist. Man kann ebenfalls vom Markt, den Konkurrenten, Kollegen, aber auch von seinem Produkt abhängig sein.
Fünf Begriffe befinden sich dann unter ‘Kompetenzen’. Zunächst kommt das ‘ungeschliffene’ Talent aus der Persönlichkeit, der Intelligenz und den Werten (Motivation) eines Mitarbeiters. Diese zusammen bestimmen hauptsächlich das Niveau, welches eine Person mit Kompetenzen erreichen kann. Sie sollten aber natürlich auch etwas mit Ihrem Talent anfangen! Wissen hilft Ihnen, aber Sie werden auch Erfahrungen sammeln müssen. Hier liegt ebenfalls der Angriffspunkt des Coachings durch den Manager, der beispielsweise einem Mitarbeiter die notwendige Erfahrung mitgeben kann, damit sich dessen Talent entfalten kann.
Das Eisberg-Modell bietet einen guten Referenzrahmen, was für Manager wichtig ist, wenn Sie sich auf die Dinge konzentrieren, die an der Oberfläche passieren. Allerdings trägt das Wissen über tiefer liegende Faktoren und die Art, wie man jemandem bei der Entwicklung helfen kann, auch dazu bei
In gewisser Hinsicht ist Kompetenzmanagement sehr behavioristisch; es versucht, effektives Verhalten in ziemlich detaillierter Weise zu beschreiben . Die Frage ist, ob das möglich ist. Wenn man sich einen Verhaltensindikator wie “verwendet Argumente, für die die andere Person empfänglich ist” ansieht, ist das Verhalten ‘argumentativ’. Aber das Kriterium ‘für die die andere Person empfänglich ist’ ist selbst natürlich keine Beschreibung eines Verhaltens.
Viele solcher Sätze tauchen in Kompetenzrahmen auf. Ein Beispiel, das ich einmal über ‘Zusammenarbeit’ gesehen habe, verdeutlicht dies sehr gut: “trägt zu einer positiven Teamatmosphäre bei”. Was derjenige genau macht, ist nicht klar; zum Kuchen einladen, Witze machen oder ein offenes Ohr für klagende Kollegen haben – all das ist möglich. Deshalb ist es wichtig, sich bewusst zu machen, was in der Praxis wirklich zählt: die Verhaltensindikatoren sollten einem Mitarbeiter und seinem/ihrem Manager ungefähr klarmachen, welches Verhalten erwünscht ist.
Ich bin davon überzeugt, dass ein schriftlich niedergelegter Kompetenzrahmen dafür nicht ausreicht. Er kann Ideen und Richtungen weisen, aber was wirklich für erfolgreiches Kompetenzmanagement gebraucht wird, ist ein Manager, der gutes Coaching und Feedback gibt. Außerdem wird er in der Lage sein, das Verhalten viel detaillierter zu beschreiben, als es mit einem Kompetenzrahmen möglich wäre. Deshalb ist Schulung wünschenswert.
Ein Kompetenzrahmen ist ein kohärentes Modell zur Beschreibung des effektiven Verhaltens in einer Organisation, welches sich aus Kompetenzen, Definitionen dieser Kompetenzen und Verhaltensindikatoren zusammensetzt. Es stehen unterschiedliche Kompetenzrahmen zur Verfügung, wie allgemeine Standardmodelle oder Modelle, die speziell für eine Organisation entwickelt wurden. Zusätzlich können Kompetenzrahmen oder Modelle nach beruflichen Positionen aufgeschlüsselt werden. Beispielsweise ist ‘politische Sensibilität’ eine Kompetenz, die für einen Stadtrat wichtig ist, allerdings nicht für jede privatwirtschaftliche Organisation.
Seit den 90er Jahren sind mehrere, allgemeinere Modelle entwickelt worden. Ein allgemeines, von SHL entwickeltes Kompetenzmodell, wird zum Beispiel von werk.nl verwendet, zusammen mit dem sogenannten Kompetenzatlas. In diesem werden zweiundzwanzig allgemeine Kompetenzen beschrieben. Diese Kompetenzen sind dann in Teilkomponenten aufgegliedert und werden u. a. für Berufsbeschreibungen verwendet.
Ein häufig benutztes Modell wurde von ADC, mittlerweile von Right übernommen, eingeführt. Viele Organisationen haben es übernommen und als Basis für ihre eigenen Kompetenzrahmen genutzt. Dies zeigt zum Beispiel eine von TNO durchgeführte Studie: Kompetenzfokussierte Schulung und Kompetenzmanagement.
Der Allgemeine Verwaltungsdienst (Algemene Bestuursdienst) in den Niederlanden hat ein Kompetenzmodell entwickelt, das oft in den Behörden verwendet wird. Es enthält fünfzig Kompetenzen und wird u. a. im Profil eines ABD-Managers genutzt. Ein Beispiel für ein allgemeines Modell, das an die eigene Organisation angepasst wurde, ist das Altrecht-Kompetenzmodell. Ein allgemeines Kompetenzmodell, dass Sie lizenzfrei mit Kompetenzmanagement und 360-Grad-Feedback nutzen können, ist auch in easy360 enthalten.
Die allgemeinen Kompetenzmodelle haben einige Nachteile, die wie folgt zusammengefasst werden können:
Um eine Alternative zu den existierenden Kompetenzmodellen zu bieten, haben wir ein kompaktes Modell entwickelt, das zehn Kompetenzen enthält. Wir haben diese Kompetenzen Qualitäten genannt, weil sie eher persönlichen Qualitäten ähneln als Kompetenzen. Außerdem wollten wir einen Modellrahmen bieten, um alle effektiven Verhaltensweisen verhandelbar zu machen und gleichzeitig eindeutige Begriffe zu vermitteln. Die neueste Version dieses Modells hat zehn Qualitäten.
Kommunizieren
Der mündliche und schriftliche Austausch von Informationen auf eine gut verständliche Weise.
Zusammenarbeit
Beziehungen mit anderen führen und etablieren, die auf Empathie und Respekt beruhen. Aktive Zusammenarbeit. Soziale Intelligenz.
Beeinflussen
Die Meinungen und Ansichten anderer beeinflussen. Andere zum gewünschten Verhalten hin motivieren. Soziale Intelligenz UND die Fähigkeit, andere zu überzeugen, Standpunkte zu akzeptieren.
Analysieren
Datenerfassung und methodische Untersuchungen, um Fakten und Ursachen herauszufinden, Fragen zu beantworten und Schlussfolgerungen zu ziehen (konvergentes Denken).
Kreativ sein
Innovative Denkweise, neue Lösungen für Probleme finden, bestehende Lösungen verbessern (divergentes Denken).
Organisieren
Strukturieren und Organisieren der Arbeit, wobei Menschen, Ressourcen/Instrumente und Zeit aufeinander abgestimmt werden, um Ziele zu erreichen.
Disziplin
Arbeiten auf eine strukturierte, methodische, organisierte, präzise und konzentrierte Weise gemäß etablierter Zeitpläne, Abläufe und Vereinbarungen.
Integrität
Handeln in Übereinstimmung mit und zur Verstärkung der Standards und Werte, unabhängig von Druck von außen oder entgegengesetzter persönlicher Belange.
Ambition
Setzt sich selbst und anderen hohe Ziele, will bessere Leistungen erbringen und sucht Herausforderungen.
Stabilität
Kontinuierliches, effektives Arbeiten, indem mit Stressfaktoren wie Zeitdruck, Spannungen, Rückschlägen, Enttäuschung, sozialem Druck und intensiven emotionalen Ereignissen vernünftig umgegangen wird.
Die Einführung von Funktionsniveaus in den Kompetenzen kann sinnvoll sein. Das macht das Modell viel komplexer, denn auf jedem Niveau muss man aussagekräftige Unterscheidungen des gezeigten Verhaltens machen. Es kommt auch hier wieder darauf an, welche Ziele Sie mit Kompetenzmanagement erreichen wollen. Von diesem Grundgedanken sollten Sie ausgehen, wenn eine Niveauabstufung Sinn machen soll.
Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn es ebenfalls das Ziel ist, Kompetenzen ‘abzustimmen’. Dann ist es sinnvoll zu sagen, dass jemand Kompetenz X auf Niveau Y gemeistert hat. Oder wenn spezielle Schulungen erforderlich sind, um eine höhere Stufe des Kompetenzmanagements zu erreichen. Zum Beispiel braucht man für Verhandlungen auf einem strategischen Level eine gewisse Erfahrung und Ausbildung. In der Praxis wird normalerweise ein Modell ohne Niveaustufen verwendet.
Man sieht auch Modelle mit vielen Niveauindikatoren. Die Merkmale dieser Niveaus basieren typischerweise auf dem Schwierigkeitsgrad der Situationen, in denen die Kompetenz demonstriert werden muss. Eine Steilvorlage in einem Amateurspiel am Samstagnachmittag ist wahrscheinlich einfacher als in der Bundesliga. Zur Abstimmung von Kompetenzen arbeiten wir mit einem Stellen-Analysemodell mit drei Stufen und zwei darin enthaltenen Untergliederungen. Dieses basiert auf dem Referenzrahmen für europäische Sprachstufen. Wir haben dieses Maß an Differenzierung gewählt, weil wir ein allgemeines Modell erstellen wollten, das es möglich macht, Kompetenzen über verschiedene Berufe und Stellenfunktionen abzustimmen. Für den internen Gebrauch in einer Organisation ist die Arbeit mit sechs Stufen normalerweise nicht notwendig. Die Stufen sind folgende:
A1: Begrenzte Basisverwendung
Elementare Anwendung der Kompetenz. Kann auf andere zurückgreifen. Andere müssen unterstützen, damit die Kompetenz gut eingesetzt wird.
A2: Basisverwendung
Kann diese Kompetenz bei geringer Komplexität unabhängig einsetzen, allerdings mit Betreuung. Kann selbständig Standardaufgaben durchführen, kann bei Fehlern oder Problemen evtl. auf andere zurückgreifen.
B1: Selbständig
Kann diese Kompetenz selbständig ohne direkte Betreuung anwenden, bei durchschnittlicher Komplexität.
B2: Selbständig
Selbständige Funktionsausübung auf dieser Kompetenzstufe, als vollwertiges Mitglied einer Arbeitsgruppe und als externer Vertreter.
C1: Kompetent
Zeigt in Teams und anderen organisatorischen Bereichen Initiative. Kann als Mentor für die Kompetenz fungieren. Trägt zur Verstärkung dieser Kompetenz auf Teamniveau bei. Zeigt kompetentes Verhalten in komplexeren Situationen.
C2: Sehr kompetent
Kann die komplexesten Situationen meistern. Stößt Impulse auf der Stufe anderer Organisationen und größerer externer Personengruppen an. Kann mit der höchsten Komplexitätsstufe umgehen.
Ein Kompetenzprofil ist im Grunde genommen ein Satz von Kompetenzen und Verhaltensindikatoren für eine bestimmte Position oder eine bestimmte Anwendung. Also kann ein Kompetenzprofil für eine Stelle nur die relevanten Kompetenzen für diese Stelle umfassen. Allerdings kann das Profil beispielsweise für ein Schulungsprogramm wieder unterschiedlich oder breiter gefasst sein. Es wird empfohlen, für ein Programm zur Managemententwicklung einen breiteren Rahmen zu setzen.
Bei der Erstellung eines Kompetenzprofils für eine Stelle ist es nützlich, ein Kompetenzset oder einen Kompetenzrahmen zu verwenden. Falls kein organisationsspezifischer Rahmen entwickelt wurde, kann bequem ein Standardset genutzt werden. Sie könnten dafür eines von unseren benutzen oder ein anderes Set. Dann sollte man einigen Methoden folgen:
Sie können eine oder mehrere Personen fragen, welche sieben Kompetenzen sie für eine bestimmte Position für wichtig halten. Es ist sinnvoll, erfolgreiche Mitarbeiter, deren Manager und etwaige Personalabteilungsmitarbeiter hierfür einzuladen. Dann kann man eine Diskussion über die von ihnen gewählten Kompetenzen führen, um einen Konsens zu erreichen. Dies ist eine schnelle Methode, die normalerweise zu einem guten Resultat führt. Ein Nachteil ist, dass sie nicht auf einer Analyse basiert und nicht jeder den gleichen Einfluss hat. Falls es die Zeit erlaubt, empfehlen wir daher eine der folgenden Methoden.
Die Methode Kritische Ereignisse geht davon aus, dass in einem Stellenprofil eine begrenzte Anzahl von Situationen vorkommt, in den es wirklich darauf ankommt. In diesen Situationen müssen sich die richtigen Kompetenzen als erfolgreich erweisen. Es funktioniert so:
a. Nennen Sie fünf bis sieben kritische Ereignisse.
b. Wählen Sie drei Kompetenzen pro Situation.
c. Übertragen Sie die Kompetenzen, die am häufigsten in den verschiedenen Situationen auftauchen, in das Profil.
d. Wählen Sie anschließend aus den Verhaltensindikatoren die Aussagen aus, die am besten zum notwendigen Verhalten in den kritischen Situationen passen. Danach bearbeiten Sie diese noch einmal.
Diese Methode ist ähnlich wie die oben beschriebene. Ein geschulter Experte befragt mehrere erfolgreiche Mitarbeiter und deren Management. Dieses Vorgehen bietet mehr Tiefgang als die oben genannte Methode und ist oft genauer. Für die Position eines Beamten haben wir festgestellt, dass die Hauptkompetenz darin bestand, richtungsweisende Programme niederzuschreiben, von denen sie wussten, dass dafür Unterstützung vorhanden ist. Sehr viel Aufmerksamkeit wurde den Netzwerken beigemessen. Für einige ging das soweit, dass sie auf sehr taktische Weise die politischen Programme von Politikern beeinflussten, sogar bevor es eine Forderung nach einem Programm gab. Diese Methode ist besonders nützlich, wenn sehr viele Mitarbeiter vorhanden sind und wenn es bezüglich der Effizienz der verschiedenen Mitarbeiter große Unterschiede gibt.